Ansicht aus Innsbruck mit dem wunderbaren Vereinigungsbrunnen am Bahnhofsplatz. Der Brunnen wurde 1906 zur Erinnerung an die Vereinigung der Vororte Wilten und Pradl mit Innsbruck errichtet. Stifter des Brunnens war der Mäzen Johann Freiherr von Sieberer.
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In der Mitte der Figurengruppe sieht man die Oenipontana als allegorische Personifikation der Stadt Innsbruck. Links sitzt die Figur von Pradl, zur Rechten die Veldidena als Personifikation von Wilten.
Die Innsbrucker Nachrichten vom 7. September 1905 berichten:
„(Der Vereinigungsbrunnen) auf dem
Bahnhofplatze macht in seiner Ausgestaltung
sichtliche Fortschritte. Nachdem in den Früh-
– jahrsmonaten durch Versetzmaschinen auf hohem
Gerüste die mächtigen polierten Granit-Stein-
blöcke sowie die obere Brunnenschale und der
Obelisk an ihren Platz gebracht und· zusammen-
gefügt worden sind und während der Sommer-
monate über dem Kapitell der prächtig mode-
lierte Genius mit Kranz und Palmzweig zur
Aufstellung gekommen ist, sind in den letzten
Tagen die drei Bronzefiguren, welche den vor-
deren figuralen Teil der Brunnengruppe aus-
machen, angekommen und bereits an ihren
Platz gebracht. Die drei Personifikationen der
Stadt Jnnsbruck, der Gemeinden Wilten und
Pradl sind mächtige sympathische Frauengestal-
ten und im Guß vorzüglich gelungen. Oenipon-
tana in der Mitte, die anderen etwas über-
ragend, mit der Mauerkrone auf dem Haupte,
wendet sich im Gespräche etwas nach rechts zu
der neben ihr sitzenden Veldidena, ihr die Rechte
bietend. Letztere Figur, mit der anderen Hand
das Stadtwappen haltend, hat einen besonders
sympathischen Gesichtsausdruck. Die Haare sind
rnit Edelweiß geschmückt, das Kleid ist sehr reich
und die Gürtelschnalle mit dem Wappen von
Wilten, dem römischen Zelte, geziert. Die Ver-
treterin von Pradl zur Linken der Oenipontana
sitzend, welche ihr vertraulich die Hand auf die
Schulter legt, ist als ländliche Schöne gedacht,
in dürftigerer Kleidung und ohne Sandalen, mit
Feldblumen in den Haaren und mit einer Garbe
und Sichel in den Händen. Die Haltung und
Aktion der Gruppe ist lebendig und edel. Die
Zusammenfügung und endgiltige Vernietung er-
folgte schon in der Gießerei in Wien und so
wurde die 5 Meter breite und 3,5 Meter hohe
Gruppe, im Gewichte von mehr als 3000 Kilo-
gramm als Ganzes hergeliefert; der Kopf der
Mittelfigur mußte aber vor der Versendung,
wegen der Gefahr in den Eisenbahn-Tunnels
abgenommen und erst hier wieder aufmontiert
werden. Wenn man auch vor Aufstellung der
seitlichen Tritonen und der rückseitigen Fluß-
gott-Gruppe und ganz besonders vor Ausfüh-
rung des Bassins mit dem Stufenbau aus dem
schönen dunklen Granitmateriale über die Wir-
kung des Monumentes kein Urteil schöpfen kann,
so läßt sich doch schon aus den heute vorhan-
denen Teilen das Günstigste erwarten.“
Die Figur der allegorischen Personifikation hält eine schöne Schriftrolle in der Hand.
Eine informative Beschreibung des Brunnenmodells findet sich in den Innsbrucker Nachrichten vom 20. April 1904:
„Das Modell für den Vereinigungsbrunnen, welchen der edle Menschenfreund und Gönner Herr v. Sieberer unserer Stadt spenden will, ist nun fertiggestellt. Beschreibung: Von einer rasenverkleideten Böschung führen drei Flachstufen zum Basin empor, das die Brunnengruppe umschließt. Die in der Ausführung dem Bahnhofplatze zugekehrte Hauptfront schmückt eine Gruppe von drei weiblichen Allegorien, in der Mitte thront die Gestalt Innsbrucks mit der Mauerkrone auf dem Haupte und der üblichen Idealgewandung. Diese Figur ist etwas über die beiden anderen, welche Wilten und Pradl symbolisieren, erhaben, sodass sie die ganze Gruppe dominiert. Innsbruck reicht Wilten die Rechte, zu Füßen Wiltens liegt Inful und Stab als Hinweis auf seine Entstehung. Die linke Hand der Allegorie Innsbrucks ruht wie schützend auf der Gestalt Pradls, eines Mädchens mit Kornähren und Sichel. Ein Wappenschild von Innsbruck deutet auf den Zusammenschluss der drei Gemeinden unter diesem gemeinsamen Zeichen hin, außerdem hält Pradl noch eine Schriftrolle mit den Worten: Innsbruck, Wilten, Pradl, 1904. Auf der Rückseite des Monuments sehen wir die sehnige Gestalt des Inns, einen Mann, der sich auf ein Ruder stützt, und die am Oberkörper unbekleidete schlanke Gestalt der Sill mit Blumen und ein Zahnrad als Hinweis auf die durch die Wasserkraft begünstigte Industrie. Zwischen den beiden Gestalten stürzt aus einer Amphora Wasser. Tritt man vor das Monument hin, so erscheint die Gruppe zu beiden Seiten von Tritonen flankiert, welche Muscheln tragen und gewissermaßen die Vermittlung zwischen den dos-á-dos gestellten Hauptgruppe bilden, aus deren Mitte zunächst ein Sockel mit Schale und dann der von einer Friedensstatue mit Kranz und Ölzweig bekrönten schlanken Obelisk bis zu einer Höhe von 18 m, somit etwa bis zur Uhr des ehemaligen Staatsbahndirektionsgebäudes emporsteigt. Die beiden Burschen mit Fischleibern sind etwas vorgerückt, so dass sich, woher immer man das Monument betrachten mag, stets in der Silhouette eine dem Auge wohltuende, weiche, geschweifte Linie ergibt. Sämtliche Figuren werden in Bronze, das übrige in Granit ausgeführt, dem dauerfestesten Materiale das es gibt, so dass der Brunnen sowohl, was Größe und Monumentalität anlangt, als auch, was die Solidität der Ausführung betrifft, als ein Werk für die Ewigkeit vor uns stehen wird. Das Modell ist vom Bildhauer Baumgartner ausgeführt, dem Herr v. Sieberer seine Ideen in einer Weise zu suggerieren wusste, dass sie nun ein einheitliches, abgerundetes Gesamtwerk vor uns stehen. Auf die Details wollen wir uns nicht einlassen, es sei nur noch erwähnt, dass im Ganzen und Großen der Stil des 16. bis 17. Jahrhunderts eingehalten ist.“