Frau Emma Hellenstainer und ihre Zeit – Frau Emma und die Millykerzen

Unsere junge Frau hatte während ihres Aufenthaltes bei den „Drei Allierten“ in Salzburg genug von den Ansprüchen, die an ein gutes Gasthaus gestellt werden, kennengelernt, um die Mängel ihres jetzigen Kreises sofort zu entdecken. So versuchte sie in der ersten Zeit ihrer Verheiratung kleine Verbesserungen. Da saßen im „Herrenzimmer“ allabendlich Oberschützenmeister und Spediteur Josef Mayr, die k. k. Förster Ritsch und Götz, Schulmeister Kramer, der alte und der junge Tagger (also Sohn und Enkel von jenem Tagger Hansl, Opfer des Aufstandes von anno neun). Ferner der italienische Holzhändler Alois Roma, Maler Karl Haas, Finanzwach-Oberaufseher Hildebrand, Dorfbarbier Mair und andere Bürger beim Wein.

Von der Decke des Zimmers hing ein Öllämpchen mit grünem Schirm, welches nur spärliche Helle verbreitete. Nun stellte die neue Wirtin zwei Millykerzen auf den Tisch; Millykerzen, denen man außer dem schönen Licht noch bewundernd nachrühmte, dass man für sie keine Putzschere brauchte! Daneben stand dann ein Glas mit „Fidibus“ (Holzspäne), die Pfeifen anzuzünden. Manch einer, der mit der Köchin ein wenig „anbandeln“ wollte, schlich sich zu diesem Zweck in die Küche, um angeblich die Pfeife oder den Glimmstengel beim Herdfeuer in Brand zu setzen; zur Beleuchtung der Küche flackerten neben dem Herde auf mannshohem, eisernem Leuchter — ohne Ruß und Rauch — einige Späne wohlriechenden Kienholzes als bescheidene Vorläufer von Petroleum-, Gas- und elektrischer Lampe. Also nun strahlten die Millykerzen auf dem Tisch. Aber die alte Frau Mutter von gegenüber hatte gleich bemerkt, dass „drüben etwas Besonderes vorgehe“ und sie kam in Galopp daher: „Emma, Emma, das geht doch über alle Grenzen; — bei dieser Verschwendung werdet Ihr nicht lange auf dem Schwarzadler sein!“ —

Frau Emma ließ sich belehren, und der häusliche Friede ging wegen der Kerzen nicht in Brüche. Aber ein anderes Mal kam sie aufgeregt und weinend zur alten Frau: Die Kuhdirn hatte einen Hafen voll Wein im Keller gestohlen und im Stroh versteckt. Die Schwiegermutter sprach: „O mei‘, Emma, das ist erst vor der Tür, was wirst du erleben, wenn einmal die Tür aufgeht?“

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Veröffentlicht von josefauer.com

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