Der Knappe im Viggartal

Zu hinterst des Viggartals im Unteren Wipptal steht ein riesiger Steinblock, hoch und breit, wie ein dreistöckiges Haus, in welchen verschiedene Zeichen und Buchstaben eingegraben sind, die nicht mehr zu deuten. Das ganze Thal war einst ein Alpensee, seine Vertiefung heißt noch jetzt „Seegrub”, und im Hintergrunde liegen unterm Abhange des Glungezers die fünf kleinen dunkelgrünen Viggarseen, aus denen der Mühlthalbach fließt, der etwas weiter vor einen schönen Wasserfall bildet. In einem der See’n, der Blausee geheißen, ruht ein Goldschatz, der bisweilen blüht.

Der Schallerwaschtl von Tarzens hat ihn einmal blühen sehen, und da er eine Art Bergknappe war, stets allerhand im Grind hatte, und überall herum knappte, so dachte er auch diesen Schatz zu heben. Daher kam ihm ein „fahrender Schüler” oder Student just gelegen, der einen Bergspiegel (was man in Deutschland Erdspiegel nennt), eine Zeig- oder Wünschelruthe und ein Zauberbuch hatte. An diese drei Stücke hing der Schallerwaschtl sein letztes Geld, und der Student grub in jenen Stein die magischen Zeichen. Der Schatz wurde nun beschworen, da kam aus dem blauen See eine unthümlich große Schlange, zehn Schuh lang, und so dick wie ein Menschenschenkel, das mochte vielleicht der Schatzhüter sein; sie hatte einen Kopf, so dick wie ein Butterschaff, und fuhr auf die Beschwörer los, diese aber rissen aus wie Schaafleder, und für sie hatte der Schatz nun einmal nicht geblüht, das war ausgemacht. (Viggartal/Tirol).

Quelle: Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Mythen und Sagen Tirols, Zürich 1857, Nr. 5, S. 323

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Veröffentlicht von josefauer.com

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