Frau Emma Hellenstainer und ihre Zeit – Nochmals ins Pustertal

Mittlerweile traf es sich, dass der Witwe Hausbacher für eine uneinbringliche Schuld das Bräuhaus an der Rienz bei Toblach zufiel. Was nun machen? Sie selbst konnte unmöglich hin; der älteste Sohn war Priester (starb im Jahre 1861 als Pfarrer in Filzmoos), der zweite (Josef) war beim Militär, der jüngste in der Theologie (starb als Bürgerspitalpfarrer in Salzburg 1889), die Töchter, bis auf Emma, verheiratet. So blieb nichts übrig, als die jetzt Zwanzigjährige mit der schweren Aufgabe zu betrauen, einem Hauswesen mit Knechten, Mägden und beträchtlichem Viehstand vorzustehen und eine Brauerei mit ausgedehnter Kundschaft zu leiten.

Der Abschied von daheim war kein leichter; die Entfernung zwischen beiden Tälern war immerhin eine beträchtliche und damals gab es nichts, als die langsame Postkutsche. Mit vielen guten Lehren wurde die Tochter vom Hause entlassen. Die bildhübsche Unterinntalerin verdrehte bald der männlichen Jugend von Toblach und Niederdorf den Kopf.

Jedoch die Mutter hatte ihr eingeschärft: „Lachen darfst du nie!“ Emma hielt sich daran und hatte für die jungen und alten Hofmacher nur die einer Wirtin ihren Gästen gegenüber zustehende kalte Höflichkeit. Es war nur einer, dem sie zulächelte — des Postmeisters von Niederdorf zweitem Sohne Josef Hellenstainer. Und seit ihr derselbe eines Tages aus „Heiden“ (Ampezzo) ein paar schöne Ohrgehänge mitgebracht hatte und selbe huldvoll angenommen wurden, war Emma seine erklärte Herzenskönigin. Er stammte aus hochangesehener Familie, war ein schöner Mann von herzgewinnender Freundlichkeit, ein tüchtiger Landwirt und der beste Pferdekenner weit und breit; kein Wunder, dass er der Frau Hausbacher ein willkommener Schwiegersohn war.

Zu jener Zeit kamen oft hohe Herrschaften durch Niederdorf und nahmen Extrapost. Da schwang sich dann unser Postmeistersohn in Galauniform auf den Bock und die alte Weise des Posthorns klang schmeichelnd durch die Lüfte. Bei einer solchen Gelegenheit hatte er einmal mit unnachahmlicher Geschicklichkeit den Viererzug eines Erzherzogs durch das nicht sehr weite Tor des Sterngasthofes in Bruneck gelenkt, so dass der von dieser Glanzleistung ganz entzückte Prinz den schmucken Postillion für sich gewinnen wollte. Aber Josef wusste Besseres. Nach kurzem Brautstand hielt man in St. Johann Hochzeit und Emma Hellenstainer kehrte voll des jungen Glückes mit ihrem Josef „in die Rienz“ zurück.

Autor

Veröffentlicht von josefauer.com

Archivbilder und Genealogie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

weiter zum Onlinekatalog
Historische Fotos und Ansichtskarten online

Weiter zum Ortsregister

X
Schreiben Sie uns gerne, was Sie suchen. Mehr dazu unter >> Bestellung/Kontakt