von Ludwig Steub
Wir saßen in der Zechstube zur Tafel und erquickten uns an dem besten Gstraünenen, das die Prettau zu bieten hatte. Für ein Dörflein, das eine Tagreise von der Heerstraße, am Fuß der Tauern liegt, war die Bewirthung nur zu loben. Als wir fertig waren, fragte unser Jüngster leise nach seinem Mädchen und erfuhr, daß sie die Wirthin unterdessen zu Bette gebracht; „sie müsse früh aufstehen, um über den Tauern heimzugehen.“ Das schien uns ebenso abgeschmackt als weise. Nach einigen Reden Für und Wider gingen wir zur Ruhe, um den Tauern auszuschlafen.
Andern Tages in der Morgendämmerung beriethen wir uns über die Fortsetzung der Reise. Die beiden Gefährten, [597] von der Zeit gedrängt, bestanden darauf, am Abende in Brunecken einzuziehen, wohin wir etwa zwölf Stunden zu gehen hatten. Wir mußten also wirthschaften mit der Zeit und durften weder das nicht sehr entfernte alte Heiliggeist-Kirchlein besuchen, um dort den gothischen Flügelaltar mit noch lebhaften Gemälden zu besehen, noch konnten wir in die berühmten Kupfergruben am nahe gelegenen Rettenbach einfahren. Diese sind nach denen zu Kitzbühel, welche dem Aerar zustehen, die bedeutendsten ihrer Art in Tirol und gehören den Grafen von Tannenberg und den Freiherren von Sternbach.
Wir zogen also, ohne uns um all dieß zu kümmern, bei trübem Wetter aus dem Dorfe, und gingen immer rüstigen Schrittes mit sparsamen Unterbrechungen durch die Prettau, durch Ahren und durch Taufers – drei Bezeichnungen für verschiedene aufeinander folgende Reviere ein und desselben Thalgeländes – an vielen Häusern, Kirchen, Dörfern, an vieler Landschaft vorbei und kamen bei Sonnenuntergang in Brunecken an.
Bei solcher Schnelligkeit des Marsches wäre es unanständig, von der durchwanderten Gegend viel wissen zu wollen. Wir fassen uns daher kurz und bemerken zuvörderst, daß das Ahrenthal, obgleich 3–4000 Fuß über dem Meere, bis in seinen hintersten Winkel, bis in die Prettau und bis Kasern fleißig bebaut ist, wie denn am letztgenannten Orte noch geräumige Krautfelder stehen und luftige Mohnfeldchen für die Krapfen. Uebrigens zeigt sich die Thalsohle überall sehr schmal und an manchen Stellen schrumpft sie sogar zu einer waldigen Kluft zusammen. Abgesehen von diesen Schluchten ist das Thal sehr gut bewohnt und es steht fast ein Haus am andern. Die Gebäude sind mehrentheils von Holz, aber im Kern der größern Dörfer finden sich auch achtbare, steinerne Wohnsitze. Die Gotteshäuser stehen zumeist noch in jungem Alter, doch ist die betagte Kirche bei St. Martin ein niedliches Stückchen gothischer Arbeit. Eine besondere Schönheit des Thales ist es, daß sich zur rechten Hand fast jede [598] halbe Stunde ein neues Seitenthälchen öffnet, aus dem die Gletscher des Zillerthales ungeheuer groß hereinlugen.
Bei Arzbach, unterhalb St. Johann, steht die zum Bergwerk in der Prettau gehörige Kupferschmelze, ein Haufen von schwarzbraunen Scheunen, in denen sich viele rußige Menschen herumtreiben. Wir vertieften uns einigermaßen in die höllischen Räume, die den Hochofen umgeben, und warteten zu, bis ein Anstich erfolgen würde. Unterdessen führte uns ein Arbeiter in die Höhe vor die Mündung des Ofens, wo die Kohlen eingeworfen werden. Dort schlägt das rothe Feuer in fürchterlichen Zungen gegen den Rauchfang auf, eben so grauenvoll schön anzuschauen, als schwer zu betrachten, wegen der übertriebenen Hitze. Wieder hinuntergeführt stellten wir uns vor den Ofen, und alsbald näherte sich ein andrer schwarzer Kobold, that mit einer eisernen Stange etliche kräftige Stöße an den Spund des Ofens und unverzüglich quoll ein feuriges Brünnlein heraus, das seine kupferigen Fluten in die kleinen Rinnen ergoß, welche ihm gegraben waren. Diese führten in größere Gruben, wo sich der glühende Strom zur Ruhe setzte.
Das Schloß zu Taufers ist eine herrliche Ruine, liegt zwischen hohen Bergen auf einem jähen Bühel und blickt gebieterisch herunter in das Thal. Weitläufiges Gemäuer kriecht an dem Felsen auf und ab; daraus ragt ein mächtiger Hauptthurm, unter dem das Schloßthor sich aufthut. Mehrere andere runde Thürme stehen an den Ecken umher. Aus ein paar Fenstern winkten Blumen – immer ein freundlicher Anblick, weil ein Zeichen, daß in den schauerlichen Räumen neben den Eulen auch noch Menschen sich aufzuhalten wagen. Als Alterthum wird die kleine Schloßcapelle gerühmt.
Die Herren von Tuvers, die im zwölften Jahrhundert zum erstenmale genannt werden, sind zu großer Macht und hohem Ansehen gekommen, aber schon 1340 ausgestorben. Darnach fiel die Herrschaft an die Grafen von Tirol, die sie im Laufe der Jahrhunderte bald zu Lehen bald als Pfand in verschiedene Hände gaben. Zuletzt sind die Güter den Grafen [599] von Ferraris geblieben, das Gericht ist aber seit 1829 wieder landesfürstlich.
Hermann von Gilm, der einmal dieses Weges kam, hat der alten Ruine folgendes Gedicht verehrt:
Du altes Schloß! du scheinst wohl nur zu schweigen!
Neugierig streckt die Föhre sich empor,
Die Eulen horchen, die verschwiegenen Zeugen –
O sag mir auch ein Märchen in das Ohr.
Du steingewordner Traum! viel Thränen mochten
Auf deinen grasbewachs’nen Boden hier
Gefallen seyn! – Wie deine Männer fochten,
Wie deine Frauen liebten, sage mir.
Du schweigst? – So träume fort, wir gehen weiter –
Von deinen Mauern pflück’ ich mir den Strauß;
Denn die Natur ist ewig jung und heiter
Und schmückt mit Blumen ihre Todten aus.
Taufers, das Dorf, nicht weit unter dem Schlosse gelegen, ist groß und gut gebaut. Es sind da drei adelige Ansitze, unter denen besonders Neumelans sehr herrschaftlich aussieht. Es wurde 1582 von den Fügern, den damaligen Gerichtsherren, hergestellt, denselben, die das Schloß zu Fügen gegründet. Neumelans heißt es zum Unterschiede von Melans bei Hall. Es ist ein großes, stolzes, etwas düsteres Gebäude im Styl der Renaissance mit hohen vergitterten Fenstern, von Ringmauern wehrlich umfangen.
Von Taufers zieht eine ebene Straße in ziemlich geräumigem Thale hinaus nach Brunecken, das etwa in drei Stunden erreicht wird. Mehrere alte Burgen in der Niederung und auf der Höhe schmücken den Weg. Allmählich ersahen wir auch das rothgedeckte Schloß von Brunecken; dann zeichnete sich deutlicher und deutlicher die Stadt darunter hin, und am Abend hatten wir sie erreicht. Im Stern nahmen wir Herberge und ließen uns von den Honoratioren tüchtig ausschelten, daß wir ohne Führer über den Tauern gegangen. Ich nahm mir dieß viel weniger zu Herzen, als daß man wegen der Eilfertigkeit des Ganges so viele Alterthümer, die zur Seite des Weges liegen, unbeschaut gelassen hatte. [600] Namentlich scheinen die Kirche zu Gais und das Schloß zu Kehlburg recht sehenswerth zu seyn.
Brunecken ist ganz und gar, was man in Tirol ein feines Oertl nennt, eine nette, reinliche, obwohl kleine Stadt, bewohnt von liebenswürdigen, frohen Leuten, gelegen in einer schönen Landschaft, die zwar nicht den mannichfaltigen Reichthum etschländischer Südfrüchte, aber doch alles hervorbringt und billig liefert, was ein unverzogenes deutsches Menschenkind zu anständigem Leben bedarf. Die pusterthalische Landstraße, welche von Brixen nach Klagenfurt führt, zieht außen um die Stadt herum, eingefaßt von hübschen Häusern, die ihr zu Liebe die Rückseite zur Vorderseite gemacht und auf das Manierlichste herausgeziert haben. Eine Pappelallee, die hier auf der Stelle des ehemaligen Stadtgrabens gepflanzt worden ist, ladet die Bewohner des Abends zu angenehmem Lustwandeln ein. Ein großes Verdienst um die Reinlichkeit und die Eleganz, die jetzt den Reisenden an dem Städtchen so gefällt, ist der regsamen Verwaltung des Herrn Gubernialraths von Kern beizulegen, der eine lange Reihe von Jahren hindurch in dieser Capitale des Pusterthales als Kreishauptmann seinen Sitz hatte. Freilich ist das, was die Hauptstadt an Bequemlichkeit und feinerem Aussehen durch seine Anregung gewonnen hat, nicht in Vergleich zu stellen gegen die vielen weisen Anordnungen und Einrichtungen, die der ganze Kreis dem edlen Eifer des geistvollen Mannes verdankt. – Seit vier Jahren ist an seine Stelle der Gubernialrath Dr. Staffler getreten, derselbe fleißige Sammler und Schilderer, welcher seit dem Jahre 1839 jenes statistisch-topographische Werk über Tirol und Vorarlberg herausgibt, das wir so oft Veranlassung gefunden als unsre Quelle aufzuführen, und noch öfter benützt als genannt haben. Herr Gubernialrath Staffler ist ein freundlicher, milder Mann, umgänglich und offen, wie es tirolische Geschäftsmänner meistens sind. Obgleich stark beschäftigt in seinem Amte weiß er doch mit unermüdeter Ausdauer den Fortgang seines Werkes zu sichern und hat bisher ungefähr alle zwei Jahre einen nicht sehr schmächtigen Band erscheinen lassen. [601] Freilich wird sich nach diesem Maßstabe seine Arbeit wohl erst im nächsten Decennium als geschlossen darstellen, indessen wer die Mühsal bedenkt, der kann auch die Zeit nicht zu weit gemessen finden.
Von den Merkwürdigkeiten dieser Stadt wollen wir keine nennen als die Bildersammlung des Herrn Johann von Vintler, der einem der ältesten Geschlechter des Landes entsprossen ist und die Fremden mit tirolischer Zuvorkommenheit aufnimmt. Man sieht bei ihm manches gute altdeutsche Stück, und zumal wird jeder mit Freuden das Conterfei Herrn Georgen von Frundsberg betrachten, des tapfern Feldobristen, der mit seinen tirolischen Landsknechten so viel auf Schlachtfeldern zu thun gehabt und seinem Vaterlande wie sich selbst nur Ruhm und Ehre gemacht. Auch besitzt Herr von Vintler eine alte Reimchronik, die mit Erschaffung der Welt beginnt und bis auf Kaiser Friedrich den Zweiten fortläuft. Sie ist laut der Nachschrift gefertigt von Heinz Sentlinger von München, an der Etsch auf dem Rungelstein bei seinem Herrn, Niclas dem Vintler, und vollendet in dem Monat Junius am dreizehnten Tag des Jahres 1394. Es ist ein sehr gut erhaltener, sehr lesbarer, schön geschriebener pergamentner Codex in Großfolio. Anfangs wird gesagt, daß Landgraf Heinrich von Thüringen den Dichter aufgefordert habe, dieses Werk aus Latein ins Deutsche zu dichten, und ebenda findet sich die Erwähnung Gottfrieds von Viterbo als des ersten Verfassers. Darnach wäre der deutsche Bearbeiter jener Doppelgänger des Herrn Rudolf von Ems, von welchem Franz Pfeiffer in der Vorrede zu Barlaam und Josaphat handelt,*)[8] ein unbekannter Dichter, der gleich diesem Ritter eine Weltchronik verfaßt. Jedenfalls ist Heinz Sentlinger nur ein Fortsetzer. Die Handschrift blieb seit Herrn Niclas des Vintlers Zeiten immer in den Händen seiner Familie. Dieser Herr Nicolaus aber ist derselbe, welchem die Anschaffung der Malereien in dem Schlosse zu Rungelstein bei Bozen zugeschrieben wird, ein kunstsinniger und mit den Wissenschaften vertrauter [602] Edelmann. Ueberdieß war er reich an Vesten und Besitzthümern, die aber in den Händeln, welche Herzog Friedrich und der Tiroler Adel mit einander auszumachen hatten, zum größten Theil verloren gingen. Diese Einbuße konnten weder er noch seine Nachkommen wieder hereinbringen.
Das Brunecker Schloß, mit gelblichen Mauern, rothen Dächern und ragendem Thurme sitzt wie ein zierliches Krönlein auf dem Hügel, der gleich hinter der Stadt ersteht. Der Gang hinauf ist ein angenehmer Lustpfad und oben überrascht eine prachtvolle Aussicht auf eine Gegend, die zu den schönsten des Landes zählt. Wenn man den Schloßthurm besteigt, so kann man unterwegs in der Wohnung des Gerichtsdieners das lebensgroße Oelbild einer Bauersfrau betrachten, die zu ihrer Zeit im Pusterthale einen großen Namen hatte. Es ist ein rüstiges, tiefgebräuntes, kerlhaftes Weibsbild mit der Büchse auf der Schulter und dem Bandelier, an welchem die Pulverfläschchen hängen von der Achsel zur Hüfte, also eine Kriegerin. Nach Aussage der Umstehenden soll dieselbe in den neunziger Jahren mit dem Tauferer Landsturm gegen die Franzosen ausgezogen seyn. Zuerst von den Auszügern zurückgewiesen, sey sie endlich als Waffenbruder nur aufgenommen worden, nachdem sie den stärksten Mann der Fahne niedergerungen. Kleidung, Bewaffnung und Malerei sind indessen ein gutes Jahrhundert alt und lassen wenigstens die Zeitangabe als Anachronismus erscheinen. Es ist daher wahrscheinlicher, daß die wilde Männin ihren Kriegszug im „bayerischen Rummel“ (1703) unternommen hat. Wie dem auch sey, ihr Bildniß scheint dafür zu bürgen, daß sie einmal lebte, und so ist ihr Gedächtniß wohl fester gesichert, als das ihrer jüngern Landsmännin, des heldenmüthigen Mädchens von Spinges über Mühlbach, das im Jahre 1797, als die Franzosen dieses Bergdorf stürmten, mitten unter den kämpfenden Landleuten auf der Kirchhofmauer gestanden und mit einer Heugabel Wunder der Tapferkeit verübt haben soll. So ist wenigstens lange Zeit hindurch erzählt und geschrieben worden, jetzt aber, da gar keine Nachforschungen herausbrachten, wer das Mädchen gewesen, wie sie geheißen, wo sie her, wo sie hin gekommen, [603] jetzt sind die Meisten der Ansicht, daß die ganze Geschichte lediglich eine im Pulverdampf entstandene Mähr, das Madel von Spinges ein schöner Mythus sey. – Ferner hängen in derselben Stube etliche Tafeln, welche die europäischen Trachten in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts darstellen. Sie sind aus der Versteigerung eines Herrn von Söll auf Teißegg erworben worden und geben, obwohl die Malerei sehr kunstlos, als Modejournal der damaligen Zeit viel anschauliche Belehrung.
Die Gegend von Brunecken bewahrt noch manches Andenken an die alten bojoarischen Herzoge. Es ist wenigstens mehr als wahrscheinlich, daß die Namen Dietenheim, Tesselberg, Uttenheim (villa Uttonis) mit den agilolfingischen Namen Theodo, Thassilo, Utto zusammenhängen. Auch in dem Namen Pfalzen, welcher einem auf naher Berghöhe gelegenen Dörfchen angehört, sieht man die Erinnerung an eine uralte Hofburg festgehalten. Pusterthal, das einen so gemächlichen Uebergang aus Noricum ins Herz der rhätischen Alpen darbot, war übrigens schon von den Römern mit einer Straße bedacht worden, und von ihren Niederlassungen geben die zahlreichen Alterthümer Zeugniß, die man hier aufgefunden. Denselben Weg, den die Römer gebahnt, verfolgten am Ende des sechsten Jahrhundert die Slaven und fielen verwüstend über das Thal Pustrissa her. In einer großen Schlacht auf dem Toblacher Felde (609) besiegte ein Bojoarenherzog die Andränger, und seitdem scheint für lange Zeit der Anraserbach, vier Stunden oberhalb Lienz, die Gränze der slavischen Bevölkerung gewesen zu seyn. Die Nähe des Feindes mag die bedrohten Fürsten oft in diese Gegend gezogen haben, und die freundliche, offene Gegend von Brunecken lud vielleicht zu längerem Verweilen ein – daher jene monumentalen Namen. Später, im Mittelalter, zeigt sich die Umgebung mit zahlreichem Adel besetzt und noch zur Zeit prangen alle die Dörfer der Nachbarschaft mit Schlössern und Edelsitzen. Außerdem steht noch eine Anzahl älterer Burgen auf einsamen Hügeln da und dort im Gau.
Lange nachdem Kehlburg, Lamprechtsburg, Michaelsburg [604] und Sonnenburg gegründet waren, erbaute Bischof Bruno von Brixen um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts das Schloß und die Stadt Brunecken. Die Bischöfe besaßen im Umkreise viele Güter und mochten daher gerne eine verlässige Veste haben zu eigenem Aufenthalte. Den Cardinal von Cusa konnten ihre Mauern aber gleichwohl nicht schützen, sondern als das Kriegsvolk Herzog Sigmunds, mit dem er zerfallen war, am Morgen des Ostertages 1460 das Schloß erstürmt hatte, mußte er als Gefangener einen Vergleich eingehen, was der Anfang neuer Zwiste war. Ein andrer Kirchenfürst von Brixen flüchtete sich 1525 hieher, als das Bisthum durch den Bauernaufstand in die ärgste Verwirrung gestürzt war; auch Kaiser Karl dem Fünften bot das Schloß die erste sichere Ruhestätte, als er, von Herzog Moriz von Sachsen aus Innsbruck vertrieben, gichtkrank in einer Sänfte über den Brenner hatte flüchten müssen. In demselben Jahrhundert verbreiteten sich lutherische Meinungen auch nach Brunecken, wie sie denn dazumal ebenso im Taufererthale Anhänger fanden. Erst mit dem Ende dieses Zeitraums gelang es den Bischöfen der religiösen Bewegung wieder Herr zu werden. Was die neuere Zeit betrifft, so ist die Stadt Brunecken im Jahre 1809 von vielen Nöthen bedrängt worden, deren ausführliche Erzählung wir aber Dr. Staffler nicht entnehmen wollen.
Brunecken, das heitere Städtchen, zählt als Sitz des Kreisamtes, des Landgerichtes und eines Rentamtes einen bedeutenden Beamtenstand, viele gebildete Herren, Frauen und Fräulein. Man lebt sehr gefällig zusammen und es fehlt nicht an gemeinschaftlichen Spaziergängen, an Abendunterhaltungen mit Gesang, Declamation und Tanz. Hermann von Gilm, der begabteste unter den jungen Dichtern von Tirol, jetzt nach Roveredo versetzt, wird von den Bruneckern ungern vermißt, als einer der so viel gethan, die Geselligkeit in ihrem Weichbilde zu verschönern. Ferner hat man ein wohlversehenes Lesecabinet – ein Vorzug, den ich sehr gerne hervorhebe. Man fühlt sich hier in Sitte, Lebensart und Manier dem Treiben der fröhlichen Städte von Nordtirol viel näher, als dem schwülen Wesen im Etschlande.