Die Kellnerin und die Schlange

In Brixen wird erzählt, es sei einmal eine Kellnerin ungemein eitel und gatzig (naseweis) gewesen und hätte sich auf ihre Schönheit ein gutes Stück eingebildet. Was sie an Lohn verdiente, hängte sie an den Putz.

Da begegnete ihr einmal eine arme Frau mit ihren halbverhungerten Kindern und bat sie um etwas. Voll Verachtung tänzelte aber das Mädchen vorüber. Die arme Frau war ihr viel zu wenig. Aber, o Schrecken! In der folgenden Nacht kroch ein häßlicher Wurm von gewaltiger Länge in ihr Bett, legte sich um ihren Hals und war nicht mehr fortzubringen. Sie mußte nun zu ihrer Schande den Wurm tragen.

Ein Pater, der mehr konnte als andere und zu dem sie ihre Zuflucht genommen hatte, bannte wohl die Schlange vom Hals weg, konnte sie aber nicht weiter als bis zur Hüfte bringen, wo das Tier um den Leib gewunden verblieb. Da wurde der Wurm wenigstens nicht von den Leuten gesehen und der größten Schande war das Mädchen ledig.

Dieses ging nun wohl in sich, aber erst nachdem es sieben Jahre lang gebetet und gefastet und Almosen gegeben und die Eitelkeit ganz abgetan hatte, war der Wurm auf einmal wieder weg.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 158

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Veröffentlicht von josefauer.com

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