Die große Glocke in Rodeneck

Rodeneck gegenüber liegt das Dorf Natz. Beide Dörfer trennt eine Schlucht, durch die die Rienz schäumt. Eine Brücke geht über diese und verbindet beide Gemeinden, welche einmal den Austausch ihrer größten Glocken beantragten. Sie nahmen deshalb dieselben von den Türmen und führten sie ihren neuen Bestimmungsorten zu.

Als die Rodenecker mit ihrer Glocke zur obgenannten Brücke kamen, brachten sie die Glocke nicht mehr weiter. Man spannte zehn, ja zwölf Pferde vor den Wagen, allein es war vergebens. Indessen wurde es Nacht, da kehrten die Leute nach Hause und ließen die Glocke stehen, wo sie stand. Als sie am folgenden Morgen wieder zur Stelle kehrten, um die Glocke nach Natz zu liefern, war die Brücke verschwunden, und ihnen blieb keine andere Wahl, als die Glocke durch den engen und steilen Weg nach Rodeneck zurückzuführen. Als die Leute verdutzt noch vor der Glocke standen, fing sie an zu sprechen:

„Moidl hoaß i,
alle Wetter woaß i,
alle Wetter vertreib i,
auf’m Rodenecker Berg bleib‘ i.“

Man brachte sie nach Rodeneck und dort hängt sie noch, hochgeehrt vom Volke. Sie vertreibt Wetter und hemmt Feuersbrünste wie keine zweite nah und fern. (Bei Rodeneck.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 910, S. 526

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Veröffentlicht von josefauer.com

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