Eine kleine Strecke außer dem Vinschgauer Tor liegt der Ottmannhof, in dem ein Schatz verborgen sein soll. Deßhalb ist es auch nicht immer geheuer. Bei helllichtem Tage geht es oft um, grammelt Brot oder treibt andere Dinge, und niemand sieht, wer dies tut. Vor beiläufig 50 Jahren arbeiteten Leute im Weinberge, der zwischen dem Ottmannshaus und dem Winklerhofe liegt, als sie plötzlich ein ganz absonderliches Geräusch hörten. Sie blickten alsogleich gegen das Haus hin, von dem der Lärm herkam, und sahen dort den Schatz blühen. Goldene und silberne Blüten, die denen der Akazien ähnlich sahen, flogen schimmernd in die Höhe und sanken funkelnd nieder und verschwanden. Als die Leute herbeigeeilt kamen, war der Schatz schon verblüht. Dieser Schatz soll, wie die meisten, zu je hundert Jahren blühen. (Meran.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 578, S. 329